Welche Kinder können von Theraplay profitieren?

Nach unseren bisherigen Erfahrungen hilft Theraplay nicht nur Kindern mit Entwicklungshemmungen und –verzögerungen bzw. –behinderungen, sondern auch solchen, die man beschreiben kann als

a)    aggressiv (offen, verdeckt)              

b)    isoliert

c)    überbehütet              

d)    bedürftig

e)    manipulierend  

f)     impulsiv-ablenkbar

g)    ängstlich oder scheu bzw. sehr schüchtern      

h)    überangepasst

i)     „altklug, kleine Erwachsene“

All diese Eigenschaften sind in gewissem Sinne normal, doch können sie, vor allem, wenn sie stärker ausgeprägt sind, die positive seelische und/oder geistige Entwicklung eines Kindes oder sein Verhalten hemmen oder in falsche Bahnen lenken. Da der Umgang mit ihnen erschwert ist, leiden darunter auch die Beziehungen mit anderen Menschen, also die sogenannte 'psycho-soziale Entwicklung': Viele Menschen gehen z. B. einem aggressiven Kind aus dem Weg, trauen einem ängstlichen oder scheuen Kind immer weniger zu und behüten es mehr, trauen dem „kleinen Erwachsenen“ zu viel zu, oder aber sie empfinden den Kontakt mit einem impulsiven und leicht abgelenkten Kind als so schwierig, dass sie sich nicht zurückhalten können, sich negativ zu äußern und womit die Beziehung belastet wird.

Sicher kann es manchmal richtig sein, den Eltern zu sagen oder sie praktisch anzuleiten, wie sie mit dem jeweiligen Kind anders umgehen können. Doch es gibt da Grenzen. Fassen wir uns an der Nase: Auch wir Erwachsenen haben unsere Persönlichkeit und können nicht einfach plötzlich ganz anders fühlen und handeln. Die Beziehung wird entlastet, wenn das Kind sein Verhalten ein bisschen verändert – oft fällt das Kindern leichter, denn sie sind noch nicht so eingefahren.

Nun folgen kurze Beschreibungen der hier angeführten Kinder-“Typen“

a) Das offen aggressive Kind

aggresivKinder können offen oder verdeckt aggressiv sein. Die offen aggressiven Kinder scheinen Spaß daran zu haben, anderen weh zu tun. Sie nehmen jede Gelegenheit wahr, zu boxen, schubsen, treten und lachen, wenn die Angegriffenen ihre Schmerzen ausdrücken. Da sie dabei soziale Ächtung, Strafen oftmals sogar gelassen in Kauf zu nehmen scheinen, versetzen sie die Betroffenen - meist die Eltern oder Erzieher - in große Hilflosigkeit. Immer massivere Strafen denken sich die Verantwortlichen aus, um die Kinder von ihrem aggressiven Tun abzuhalten. Aus dieser Hilflosigkeit heraus erwog z. B. ein Elternpaar, ihrem fünfjährigen Sohn das sehnsüchtig gewünschte Pferd zu kaufen, damit sie ihn mit „Pferde-Entzug“ strafen können.

Aber Achtung: Es gibt auch Kinder, die lachen, oder Zufriedenheit ausdrücken, wenn andere Menschen leiden oder weinen, die das nicht aus Gemeinheit machen, sondern weil sie die Gefühle der anderen nicht spüren: autistische Kinder. Bitte sprechen Sie mit einer Fachfrau über ein solches Verhalten und wie sie helfen kann.  

Die meisten Eltern fühlen sich mit ihren strafenden Maßnahmen nicht wohl, aber sie sehen keine andere Möglichkeit, auf das Verhalten des Kindes Einfluss zu nehmen. Schließlich geben sie es auf und ziehen sich aus der Beziehung zum Kind resigniert zurück und überlassen es dem Kindergarten, der Schule, dem Jugendamt oder der Polizei, Maßnahmen einzusetzen. Wie allgemein bekannt, sind aggressive Kinder in Therapie-Einrichtungen nicht besonders gern gesehen und werden entweder nicht angenommen oder bald als ‚untherapierbar‘ wieder entlassen. Der Grund ist häufig, dass die Maßnahmen nicht gut genug auf die Bedürfnisse der Kinder ausgerichtet sind (Baumann 2015).

Was brauchen aggressive Kinder? Wie viele Beispiele zeigen, bewirken Strafen und soziale Isolation offenbar nichts (Baumann 2015). Die Kinder glauben umso fester an die böse Welt und an ihr Außenseitertum. Theraplay geht davon aus, dass diese Kinder klare, feste, nichtstrafende, positive Strukturen, aber vor allem auch Fürsorge und eine Beharrlichkeit und Eindringlichkeit brauchen (einen Fels in der Brandung), die ihnen Halt und liebevolle Fürsorge gibt. Mit solchen Interaktionsangeboten können sie andere Erfahrungen mit sich und den Menschen um sie herum machen.

Das verdeckt aggressive Kind

Diese aggressiven Kinder fallen erst auf den zweiten Blick auf. Ganz nebenbei stoßen sie ein anderes Kind, machen etwas kaputt oder drücken die Hand viel zu fest. Anders wie die oben beschriebenen Raufbolde protzen sie nicht mit ihren Taten, sie stehen nicht dazu, leugnen sie („das war ich nicht!“) und versuchen Strafen zu vermeiden.

Der Umgang mit ihnen ist enttäuschend, denn das offensichtliche Einvernehmen in der Beziehung wird ganz überraschend und unvermittelt durch eine aggressive Handlung in das Gegenteil verkehrt. Die Bezugspersonen dieses Kindes fühlen sich immer wieder hintergangen, werden unsicherer und schließlich auch wütend. Die Unberechenbarkeit in der Beziehung veranlasst sie, sich zurückzuziehen, aufzugeben und damit werden die Kinder teilweise isoliert.

Wie das offen aggressive macht auch dieses Kind wenig positive Beziehungserfahrungen und scheint sie immer wieder zerstören zu müssen. Durch eine beharrliche fürsorgliche und liebevolle Strukturierung in der Interaktion besteht die Möglichkeit, dass diese Kinder ihre guten Seiten kennenlernen, ihre Grenzen dabei erfahren und lernen, mit wohlmeinenden Beziehungsangeboten umzugehen. Durch die Einfühlsamkeit, die sie erfahren, lernen sie sich wertschätzen. Die Therapie dauert erfahrungsgemäß - je nach Kind - etwas länger.

b) Das isolierte Kind

isoliertEs befindet sich in seiner eigenen Welt, in der andere Menschen keinen Platz haben. Wir erleben es als träumend, d. h. unaufmerksam; wenn man mit ihm spricht, entsteht immer wieder der Eindruck, dass es Sprache nicht gut – oder nicht immer gut versteht. Es geht sozialen Situationen aus dem Wege, reagiert auf andere Menschen nicht oder wenig, bringt keine eigenen Impulse in die Interaktion ein. Durch sein Verhalten werden seine Kontakte nicht nur immer weniger, es fehlen auch Anregungen für seine kognitive und emotionale Entwicklung.

Diesen Kindern gibt Theraplay vor allem fröhliche, beharrliche und eindringliche Angebote. Sie können sich nicht mehr zurückziehen und erleben, dass ihre negativen Erwartungen, aufgrund derer sie sich so verhalten, nicht stimmen. Denn die Therapeutin ist so feinfühlig, dass sie ihm auch Pausen gibt, wo es sich „erholen“ kann. Je erfreulicher die Situationen für die Kinder werden, desto besser können sie sich den anderen Menschen zuwenden. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich auch außerhalb der Therapie der Umwelt mehr öffnen.

c) Das überbehütete Kind

Es versteckt sich oft hinter den Eltern, brüllt, wenn diese versuchen, sich zu entfernen oder auch, wenn ein ihm unbekannter Mensch sich nähert. Daher finden die Eltern, dass Trennungen vermutlich schlimme Ausmaße und Folgen haben wird. Sie wird vermieden, aber dadurch "füttern" sie die Angst des Kindes. Schon leicht unangenehme Erfahrungen werden ferngehalten, es kann keine Erfahrungen machen, die es stärkt. Also ist und bleibt es vorsichtig und ängstlich. Jedoch oft nicht bei den Eltern - da 'haut es auf den Putz' und fordert und bestimmt.

Das Kind ist dann schwierig zu therapieren, wenn die Eltern denken, man müsse es schonen, sonst erleide es großen seelischen Schaden. Im Prinzip haben die Eltern Recht, das Kind braucht tatsächlich Sicherheit, um Mut aufbauen zu können. Diese Sicherheit bedeutet aber nicht, ihm alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Es bekommt sie bei Theraplay durch bedachte, leicht fürsorgliche Strukturierung, damit es sich sicher fühlen kann. Darauf aufbauend, also mit immer mehr Sicherheit, erlebt es gewisse herausfordernde, erfolgreich verlaufende Aktivitäten, die es immer mehr mit Stolz erfüllt und seine Angst langsam vergessen lässt. Es wächst und wird selbstständig.

d) Das bedürftige Kind

Das bedürftige, hungrige Kind scheint nie genug zu kriegen – es ist wie ein Fass ohne Boden. Es klammert sich an Menschen, die ihm möglicherweise etwas geben oder etwas geben müssen, wie Eltern und besonders Mütter und bewirkt dadurch, dass es mehr oder weniger offen oder vehement abgelehnt wird. Oft fordert es in einer unangemessenen Art und Weise und die Bezugspersonen haben oft ein schlechtes Gewissen, wenn sie das Gefühl beschleicht, ihrem Kind nicht genug zu geben. Nach und nach werden sie oft bei solch einem Kind immer weniger großzügig, enthalten ihm mehr vor, als sie eigentlich wollen.

Das Kind hat große Schwierigkeiten, etwas abzugeben, und wenn etwas aufgeteilt wird beobachtet es eifersüchtig alle, die auch etwas erhalten. Dieses Mehr wollen macht auch andere geizig und so bekommt es wenig und damit schließt sich der Teufelskreis. Viele Heimkinder und solche mit einer vernachlässigenden Babyzeit leiden an dieser verständlichen großen Bedürftigkeit.

Theraplay gibt dem bedürftigen Kind im weitesten Sinne möglichst viel Fürsorge, die es so vermisst. Es soll das Gefühl bekommen, dass man ihm gerne gibt und dass es dafür nicht bitten und fordern muss. Daneben erfährt es durch herausfordernde Spiele eine Verstärkung seines Selbstwertgefühls und lernt dadurch angemessenere Formen des Erbittens von Zuwendung.

e) Das manipulative Kind

Beim manipulativen Kind haben wir den Eindruck, es wolle alles um sich herum kontrollieren. Es stört die Vorhaben anderer und versucht seine Ideen auf teilweise sehr raffinierte Art durchzusetzen. Es ist das Kind, das „unschuldig“ sagt, „was hab ich denn gemacht???“ und die Verantwortung für seine Handlungen ablehnt. Neulich erzählte eine Mutter von ihren hilflos-wütenden Gefühlen, als Kevin wie so oft etwas Verbotenes angestellt und dann ganz "lieb" gesagt habe: „Entschuldigung, ich wusste nicht, dass ich das nicht machen darf!“ Menschen fühlen sich oft von solchen stark wirkenden Kindern manipuliert, da sie mühelos die unterschiedlichsten Strategien zur Kontrolle anderer Menschen anwenden und ihnen mit ihrer Beharrlichkeit und Kreativität überlegen sind. Durch ihre sprachliche Gewandtheit und den ständigen Wechsel der Strategien und Themen sind sie schlecht einschätzbar, stellen sich aber ihrerseits sehr clever auf die Verhaltensweisen anderer Menschen ein, um etwas für sich heraus zu schlagen.

Die damit hervorgerufenen Gefühle der Hilflosigkeit der erwachsenen münden oft schließlich ein in Resignation. Anfangs versucht man die Überlegenheit durch kämpfen zu bekommen, aber das Interaktionsmuster verfestigt sich schnell und dann geht es nur noch um Sieg oder Niederlage. Viele Eltern haben das Gefühl, es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als zu tun, was das Kind sagt. Manchmal steckt hinter dem manipulativen Verhalten auch eine Angst. Das kann beispielsweise Angst vor Neuem sein oder die, etwas nicht zu können, was von den anderen erwartet wird.

Nicht so die Theraplay-Therapeutinnen. Sie lassen sich nicht auf Kämpfen ein, sondern geben diesen Kindern eine liebevolle Struktur, innerhalb derer sie die notwendige Fürsorge bekommen, die ihnen fehlt. Die Therapeutin achtet darauf, dass die Gründe für die Angst berücksichtigt werden und geht darauf ein. Da diese Kinder immer gewohnt sind, zu manipulieren, haben sie äußerst selten die Erfahrung machen können, wie es ist, von Erwachsenen geschützt und versorgt zu werden und sich auch einmal entspannt überlassen zu können. Die Therapie ist schwierig und manchmal langwierig, weil sich manche Ängste nur langsam abbauen.

f) Das impulsive, ablenkbare Kind

Solche Kinder haben oft die Diagnose einer Lernbehinderung, einer Wahrnehmungsstörung oder Hyperaktivität (ADHS). Es hat Probleme mit der Aufmerksamkeit und der Konzentration. Leicht ist es überstimuliert und dreht dann auf und durch. Blickkontakt zu halten ist schwierig. Es wirkt ungebunden, quasi freischwebend im Raum und so ist es schwierig, eine tiefe und innige Beziehung zu ihm aufzunehmen. Seine Aufmerksamkeitsspanne ist meist sehr kurz – außer es ist gerade von etwas ganz fasziniert. Daher denken viele Menschen, es müsse sich einfach nur zusammennehmen und aufpassen „wollen“. Da dies aber in der Regel nicht auf Befehl passiert, erhält das Kind von Erwachsenen wesentlich mehr negative als positive Botschaften und ist unglücklich, weil es den Anforderungen der anderen so wenig genügt. Nach und nach übernimmt er diese Meinung über sich und sieht sich selbst als das blöde, schusslige, unachtsame und zappelnde Kind.

Manche Kinder sind unruhig, weil sie anderen Menschen nicht trauen. Aus Angst und Unsicherheit sind sie ständig in Bewegung und verunmöglichen den Kontakt, d. h. sie schützen sich vor Beziehungen bzw. den erwarteten negativen Rückmeldungen. Unruhe macht sich auch bemerkbar bei kleinen Kindern, die Schwierigkeiten haben, Sprache zu verstehen.

Theraplay geht davon aus, dass das impulsive, ablenkbare Kind viel Struktur und Bindung braucht. Meist hat solch ein Kind wenig Bezug zu seinem Körper, kann ihn nicht einschätzen und ein schlechtes Selbstbild. Wir bieten ihm einfache Spiele und Interaktionen an, die auf seinem Entwicklungslevel sind und die ihn faszinieren und nie überfordern. Das sind wegen seiner geringen Aufmerksamkeits- und Konzentrationsspanne sehr kurze, aber auch sehr strukturierte körperbezogene Spiele mit einem fürsorglichen Aspekt. Wie bei allen Kindern steht das Positive im Mittelpunkt (nach dem Motto 'wir beachten nur den Käse, nicht die Löcher'). So erlebt das Kind, dass es sehr viele gute Anteile hat, begreift Handlungsstrukturen besser, lernt warten und kann damit ruhiger werden. Dadurch kann es mehr und unterschiedliche Reize wahrnehmen und verarbeiten, was wiederum seine Aufmerksamkeit und Konzentration fördert.

g) Das zurückgezogene, ängstliche Kind

ängstlich, zurückgezogenMöglicherweise waren es schlimme Erfahrungen, die ein Kind zu solch einem Verhalten veranlasst oder aber es ist einfach von Geburt an ein ängstliches Kind und hat als Strategie gelernt, sich zurückzuziehen. Es fürchtet Berührung, körperliche Nähe und meidet Blickkontakt. Es kann lange weinen oder schreien und Veränderungen steigern seine Angst. Daher versucht es, die Umgebung z. B. durch Weinen zu beeinflussen, um einen Anlass für wieder hochkommende Angst zu vermeiden. Auf andere Menschen wirkt es oft zwanghaft und unnahbar. Fühlt es sich in seiner Umgebung einigermaßen sicher, ignoriert es oft die Realität und träumt sich in seine eigene Welt. All diese sicher einmal sinnvollen Schutzmaßnahmen hemmen seine soziale, seelische und kognitive Entwicklung.

Theraplay-Therapeutinnen nähern sich solchen Kindern ein bisschen wie einem scheuen Tier, um ihm dann, wenn es sich auch durch klare Strukturen und Rituale sicher und verstanden fühlt, die Fürsorge zu geben, die es braucht. Da kann es auch in sicherer Umgebung neue Erfahrungen machen und sein inneres Bild von sich und der Welt verändern.

h) Das überangepasste Kind

Solche Kinder - oft sind es Mädchen - scheinen sich ausschließlich an der Außenwelt zu orientieren, sie haben wenig Bezug zu sich. Sie beobachten, was die anderen sagen, wünschen, erwarten und das tun oder sagen sie dann. Diese Kinder sind das Gegenstück zu den oppositionellen Kindern, die vermeiden, das zu tun, was andere sagen. Beiden gemeinsam ist, dass sie wegen ihrer extremen Bezogenheit auf andere Menschen keinen Blick auf sich selbst, ihre eigenen Wünsche und ihr Wollen richten können und damit nicht gelernt haben, aus eigener Motivation zu handeln. In der Regel haben sie enorme Probleme mit Gleichaltrigen: die ignorieren sie oder nützen sie aus.

Die Reaktion auf überangepasste Kinder ist nach einer Phase des Bemühens ein Genervtsein und manchmal auch körperliche Gewalt, um die Kinder zu Widerspruch, Opposition oder wenigstens einer eigenmächtigen Handlung zu bringen. Solche seelische oder körperliche Misshandlung bringt aber in der Regel nicht den gewünschten Erfolg. Oft ziehen sich Erwachsene dann irgendwann resigniert zurück und behandeln die sich selbst gegenüber so gleichgültig wirkenden Kindern als „Unperson“, als Objekte, als nicht ernst zu nehmend. Das vergrößert das Dilemma der Kinder, sie bemühen sich noch mehr, alles richtig zu machen, um die Liebe und Zuneigung zu bekommen oder die Verantwortung für sich nicht übernehmen zu müssen.

Theraplay bleibt auch bei diesen Kindern am Ball und überrascht sie mit Spielen, die sie sich „herausgesucht“ haben, sei es durch einen Blick nach links oder durch einen wackelnden Zeh. Damit wird der Druck, eine Entscheidung treffen zu müssen, spielerisch aufgelöst. Es kann sich also entscheiden und diese Entscheidung ist gut! Das Kind erfährt, dass alles gut ist, was immer es macht (oder nicht) und kann sich langsam aus seinem Schneckenhaus herauswagen. Viele Überraschungen in einer sicher machenden Struktur, ein bisschen Fürsorge, ausreichend Eindringlichkeit und Beharrlichkeit sowie eine gewisse Herausforderung gegen Ende der Therapie prägen die Behandlung.

i) Das altkluge Kind (der/die kleine Erwachsene)

Wie das manipulative Kind versucht auch das altkluge Kind seine Umgebung meist durch Sprache zu kontrollieren, aber anfangs in einer angenehmeren Art und Weise. Denn seine Kontrolle ist in einem Hilfsangebot für Erwachsene versteckt. Es übernimmt bereitwillig eine Rolle (z. B. eine Mutterrolle oder eines Kotherapeuten oder abwesenden Vaters) und will dadurch Erwachsenen eine echte Hilfe sein. Die ihm gemäße Kind-Rolle akzeptiert es nicht mehr, lehnt Fürsorge ab und versucht, möglichst autonom zu bleiben bzw. immer die Führer-, Assistenten- oder Mutterrolle zu übernehmen. Es spürt die Macht und genießt sie, aber überfordert sich auch ständig in diesen fremden Rollen. Im Kampf um diese Rolle kann es auch mal tyrannisch, erpresserisch oder zwanghaft reagieren.

Theraplay bietet diesem Kind ein erwachsenes und voll verantwortliches Gegenüber, eine Person, die sich fürsorglich um es kümmert, unabhängig davon, was es sagt. Dem Zwang und Druck setzt die Theraplay- Therapeutin das Spielerische mit überraschenden Stimulationen entgegen und sorgt dafür, dass es Anerkennung bekommt und sein Gesicht nicht verliert.

Literatur:
Baumann, M.: Jung, perspektivlos, gefährlich? in: Gehirn & Geist 01, 2016